Schon drei Jahre liegt unsere letzte Demonstration „Für eine rebellische Stadt“ zurück, bei der wir uns mit über 800 Menschen für ein paar Stunden die Straßen zurückerobert und lautstark unser Recht auf Stadt eingefordert haben.

Seitdem ist viel passiert. Die Wände kamen in unseren oft viel zu kleinen Wohnungen im Lockdown immer näher und die Angst vor der Wohnungslosigkeit wurde für noch mehr Menschen, die durch Corona ihre Jobs verloren haben, bittere Realität. Gleichzeitig stiegen die Immobilienpreise im Rekordtempo. Die Investition in das sogenannte Betongold und die Spekulation mit dem Lebensraum anderer boomt, was die Mietpreise weiter in die Höhe treibt. Kein Wunder also, dass viele Menschen aus Randbezirken oder Nachbarstädten pendeln müssen. Doch auch die Preise für den öffentlichen Nahverkehr sind zu diesem Jahr wieder gestiegen, sodass sich immer mehr von uns die Nutzung von Bus und Bahn nicht mehr leisten können und buchstäblich auf der Strecke bleiben. Eine Überzahl von Autos beansprucht dagegen nach wie vor die Straßen für sich und nimmt uns die Luft zum Atmen. Der Ausverkauf unserer Stadt geht ungehindert weiter und die Verdrängung von unerwünschten Stadtbewohner*innen aus dem öffentlichen Raum gewann in der Pandemie eine neue Qualität.

Es gab nie mehr zu tun und es wird höchste Zeit, dass unser gemeinsamer Kampf für eine gerechte und lebendige Stadt für alle wieder Fahrt aufnimmt!

In Düsseldorf wird gefühlt an jeder Ecke gebaut, es entstehen immer mehr teure Neubauprojekte, Hotels und Büroriegel schießen wie Pilze aus dem Boden, sodass die Preise stetig steigen und bezahlbarer Wohnraum extrem knapp geworden ist. Die Wohnungen, in denen wir leben, werden aufgekauft, modernisiert und die Kosten dafür auf die Mieten umgelegt. Wohnen ist schon längst zur Ware geworden, und wer nicht zahlen kann, wird verdrängt. Zusätzlich wird dringend benötigter Wohnraum in Ferienwohnungen verwandelt und bei Airbnb angeboten. Obskure Agenturen vermarkten ehemals normale Wohnungen als überteuerte Mikroapartments oder „Co-Living-Space“ für Geschäftsreisende und „Kurzzeitwohnen“. Für viele ist Wohnen zu einer existenziellen Sorge geworden.

Es entsteht eine Stadt für Privilegierte, zahlungskräftig – möglichst ohne Ecken und Kanten.

Werden sie in Bauvorhaben überhaupt einmal mitgedacht, sind Menschen mit Behinderung meist lange vor Baubeginn gezwungen in Konkurrenz um die wenigen geplanten barrierefreien und bezahlbaren Wohnungen zu treten. Nicht-weiße Menschen, Personen mit einem nicht-deutsch wahrgenommenen Nachnamen oder Hartz-IV- Empfänger*innen werden systematisch diskriminiert und mittlerweile nicht selten bereits in den Inseraten kategorisch abgelehnt. Wer erst einmal wohnungslos geworden ist, steht einem endlosen Minenfeld von Vorurteilen gegenüber und gehört in der Wohnraumlotterie viel zu oft auch langfristig zu den Verlierer*innen. In unmenschlichen Sammelunterkünften und Probewohnungen sollen sie ihre vermeintliche Wohnfähigkeit beweisen – ohne dass dabei das eigentliche Problem, nämlich der fehlende bezahlbare Wohnraum angegangen wird. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen und Unterstützungsangeboten erschwert es besonders Frauen und jungen queeren Menschen, aus gewaltvollen Beziehungen zu fliehen.

In einer Stadt, die zu den wirtschaftsstärksten des Landes gehört, erfrieren Menschen auf der Straße, während die Stadt und Investor*innen schon das nächste Luxusquartier mit Schampus begießen. 

Aus Profitgier werden klaffende Löcher in unsere Stadt geschlagen, wo einst Kulturorte, Kneipen und nicht kommerzielle Freiräume waren. Solche Orte fallen immer öfter durchkalkulierten Investor*innenprojekten zum Opfer oder werden zu Gunsten von Bodenspekulation gnadenlos eingestampft, wie im Fall des alten Post Geländes hinter dem Hauptbahnhof. Seit die kreative Zwischennutzung durch Künstler*innen und Kulturschaffende vor Jahren beendet wurde, starren wir in das riesige „Spekulationsloch“ im Boden – mitten im Herzen unserer Stadt. Auch mit dem Abriss der Brause hat der dortige Investor „PROJECT Immobilien“ im Jahr 2019 Fakten geschaffen und so den Versuch, die alte Tankstelle an der Bilker Allee unter Denkmalschutz zu stellen, eigenmächtig verhindert. Dort findet man nach über 2 Jahren ebenfalls nur eine karge Mondlandschaft mit den letzten Trümmern des Kulturprojekts vor. Die Aussicht auf den verklinkerten Luxusalbtraum, mit Eigentumswohnungen ab 450 000 Euro aufwärts, der dort entstehen soll, entzückt uns natürlich genauso wenig.

Zwischen Gated Communities, privatisierten Plätzen und mehrspurigen Straßen sind die letzten öffentlichen Räume oft hart umkämpft. So wurde zuletzt ein erheblicher Teil des Worringer Platzes eingezäunt, um wohnungslose und drogenabhängige Menschen fernzuhalten, für die der Worringer Platz seit Jahren ihr letzter verbliebener Lebensmittelpunkt ist. Nun müssen sie sich auf der kleinen verbliebenen Fläche um die wenigen restlichen Sitzgelegenheiten drängen.
Fahrradfahrer*innen nehmen jeden Tag ein hohes Risiko in Kauf, wenn sie sich durch die autoverstopften Straßen schlängeln, denn sichere Radwege sind häufig nicht vorhanden. Gleichzeitig kostet eine Einzelfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Düsseldorf mittlerweile drei Euro, das Sozialticket für knapp 40 Euro im Monat ist ebenso eine Frechheit.

Jetzt ist Schluss!

Es ist an der Zeit, der neoliberalen Stadtpolitik gemeinsam die Stirn zu bieten. Dieser rücksichtslose Wohnungsmarkt, der sich ausschließlich an Profit- und Kapitalinteressen orientiert, ist nicht dafür geeignet unser Grundrecht auf Wohnen zu erfüllen. Von der derzeitigen Stadtpolitik, die nicht für Mieter*innen und Stadtbewohner*innen gemacht wird, sondern für Investor*innen und Städtekonkurrenz, haben wir nichts zu erwarten. Wir müssen uns zusammentun und die Zukunft unserer Stadt selbst in die Hand nehmen.


Es wundert uns nicht, dass so viele Berliner*innen die Enteignung großer Wohnungsunternehmen gefordert haben – wie sonst soll Wohnen in deutschen Großstädten wieder möglich werden?

Lasst uns Verbündete werden und rebellieren für ein Recht auf Stadt! Lasst uns den Investor*innen in die Suppe spucken und unsere Freiräume zurück erkämpfen! Gemeinsam können wir unsere Themen auf die politische Agenda setzten, Gegenentwürfe realisieren und Düsseldorf zu einem lebenswerten Ort für alle machen.

Heraus für eine rebellische Stadt!

30.04.2022 • 18 Uhr • Kiefernstraße

Bündnis für eine rebellische Stadt